Vom Verwalter zum Navigator
Der Chief Financial Officer (CFO) als bloßer Verwalter von Zahlen? Dieses Bild gehört der Geschichte an. Die Rolle des Finanzvorstands im Unternehmen hat sich stark gewandelt – und wird sich in den kommenden Jahren noch weiter verändern. Der CFO entwickelt sich vom Finanzexperten zum strategischen Partner der Geschäftsführung, als eine Art Co-CEO. Er leistet im Zeitalter der Digitalisierung einen wichtigen Beitrag zur Wertschöpfung des Unternehmens, denn seine datengetriebenen Vorhersagen sind die Basis für fundierte unternehmerische Entscheidungen. Das setzt allerdings voraus, dass die Finanzfunktion sich grundlegend neu ausrichtet – sowohl technologisch als auch organisatorisch und personell. Wie gut sind die Finanzvorstände in mittelständischen Unternehmen auf diesen Wandel vorbereitet? Welche Chancen, welche Hindernisse sehen sie in der digitalen Transformation? Diesen Fragen ist PwC in der Studie „Jägeroder Gejagter? Die neue Rolle des CFO im Mittelstand“nachgegangen und hat dafür 200 CFOs und Leiter Finanzenbefragt.
Auf die Finanzabteilung kommen zusätzliche Aufgaben zu
Die Finanzvorstände waren aufgefordert, einen Blick in die Zukunft zu werfen – und der fällt optimistisch aus: Die Studienteilnehmer sind überzeugt davon, dass sie sich immer stärker zu einem Unternehmensnavigator entwickeln. Ihren größten Wertbeitrag erwarten sie im Jahr 2025 in der datengestützten strategischen Beratung der Geschäftsführung, wie 86 Prozent bestätigten. Ebenso rechnen 84 Prozent damit, dass sie bei Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen künftig eine zentrale Rolle spielen werden. Als interner Anbieter von Echtzeit-Daten sehen sich 75 Prozent der befragten Finanzchefs. Diesen Funktionen werden die Finanzabteilungen aber nur gerecht, wenn sie neue zusätzliche Aufgaben übernehmen, etwa Handlungsempfehlungen durch Data Analytics (81 Prozent), ein übergreifendes Prozess- und Qualitätsmanagement (79 Prozent) und die aktive Steuerung von Geschäft und Marge (75 Prozent).Auch bei der Entwicklung digitaler Lösungen fühlen sich die CFOs in der Pflicht, wie 58 Prozent angeben.
Digitalisierung ist Voraussetzung und Herausforderung zugleich
Die Digitalisierung ist die wichtigste Voraussetzung dafür,dass der Finanzbereich einen stärkeren Wertbeitrag für das Unternehmen leisten kann – und zugleich die größte Herausforderung für die Arbeit der Finanzfunktion, wie 81 Prozent der Befragten angeben. Neue Technologien er-möglichen es erst, dass Finanzverantwortliche Daten in Echtzeit erfassen, analysieren und für ihre Prognosen nutzen. Doch in vielen mittelständischen Unternehmen stecken diese digitalen Technologien noch in den Kinderschuhen.Zwar nutzen bereits zwei Drittel der Unternehmen Budget-und Planungstools, wirklich zukunftsweisende Technologien wie Predictive Analytics, die die Wahrscheinlichkeit künftiger Ereignisse voraussagen, oder Prescriptive Analytics, die Handlungsempfehlungen geben, setzt bislang allerdings nur eine Minderheit ein. Das gilt auch für Künstliche Intelligenz und Robotik, die eine stärkere Automatisierung der Finanzfunktion ermöglichen.
Größte Hürden: Zeitdruck und die mangelnde Systemintegration
Warum kommen die Finanzabteilungen in puncto digital-getriebene Leistungen für bessere unternehmerische Entscheidungen nur so langsam voran? Wodurch erklärt sich die Lücke zwischen den hohen Ansprüchen an den Finanz-bereich und den tatsächlichen, eher inkrementellen Fort-schritten? Auf dem Weg zu einer leistungsfähigen Datenanalyse identifizieren die befragten CFOs insbesondere hohen Zeitdruck (65 Prozent), die fehlende Integration von Systemen (59 Prozent), die bestehende Organisation und Prozesse im Unternehmen (56 Prozent) sowie Budgetdruck (45 Prozent) als Hauptgründe.
Jedem zweiten CFO fehlt die Vision für die nächsten Jahre
Trotz des niedrigen Digitalisierungsgrades bezeichnet sich die Mehrheit der CFOs als zufrieden mit dem Finanzbereich:Die Finanzchefs schätzen vor allem die Organisation ihrer Abteilung, die Fähigkeiten und Qualifikationen des Personals und die Qualität der Daten. Diese Zufriedenheit kann dann gefährlich werden, wenn sie Unternehmen davon ab-hält, den digitalen Wandel umzusetzen. Dem CFO kommt künftig die Aufgabe zu, nicht nur die eigene Abteilung weiterzuentwickeln, sondern die Digitalisierung im gesamten Unternehmen voranzutreiben. Dazu bedarf es einer klaren Vision, doch genau die fehlt vielen Finanzchefs – jeder zweite CFO gibt an, kein Zielbild für die nächsten Jahre zuhaben.Ein klar umrissenes Zielbild in Form eines Target Operating Models ist aber die Basis für die Weiterentwicklung der Finanzfunktion, daraus lassen sich konkrete Maßnahmen und ein Zeitplan für die Umsetzungableiten. In den kommenden Jahren kommt es für die CFOs auch darauf an, Aufgaben weiterzutreiben,die die Finanzfunktionen schon länger beschäftigen, etwa die Umsetzung einer übergreifenden (Big-)Data-Management/-Governance mit Standardisierung und Harmonisierung von steuerungsrelevanten Informationen oder die Erweiterung bestehender ERP-/BI-Systeme. Gleichzeitig stehen die Finanzchefs aber auch vor der Herausforderung, innovative Technologien einzuführen und für ihre Vorhersagen zu nutzen. Denn nur dann kann sich der CFO wirklich zum Co-CEO entwickeln.