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ESEF-Berichterstattung = Pflicht für börsennotierte Unternehmen

insightsoftware -
30 Juni 2021

insightsoftware ist ein globaler Anbieter von Reporting-, Analyse- und Performance-Management-Lösungen, mit denen Unternehmen Daten intelligent nutzen und die Prozesse von Finance und Data Teams revolutionieren können.

Seit dem 01.01.2020 führte die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) das „European Single Electronic Format“ (ESEF) für kapitalmarktorientierte Unternehmen ein. Damit wird eine der Vorschriften der EU-Transparenzrichtlinie von 2013 umgesetzt. Konzernabschlüsse nach IFRS müssen erstmals in einem maschinenlesbaren Format veröffentlicht werden. Die Berichtspflicht zielt auf eine verbesserte Vergleichbarkeit und die Automatisierung der Datenanalyse ab. Der Paradigmenwechsel vom Hochglanzbericht zum ESEF hat es in sich.

In der Vergangenheit standen bei der externen Berichterstattung von börsennotierten Unternehmen die Lesbarkeit beziehungsweise ein hochwertiges Layout im Vordergrund. Die Analyse von Unternehmensberichten erfolgt aufgrund der international stetig wachsenden Transparenzanforderungen in zunehmendem Umfang maschinell. Dafür hat sich als elektronisches Berichtsformat der StandardXBRL (Extensible Business Reporting Language) durchgesetzt. In Deutschland wurde er mittlerweile bei zahlreichen Empfängern eingeführt: zum Zweck der Offenlegung beim Bundesanzeiger, für die Steuerdeklaration bei der Finanzverwaltung und zuletzt für Kreditvergabe prozesse bei den Banken

Keine Überraschung ..

Von der maschinellen Analyse ausgenommen waren bisher Konzernabschlüsse im IFRS-Format. Deshalb kommt die Anforderung der Europäischen Wertpapier und Marktaufsichtsbehörde ESMA nicht überraschend, zumal die Berichte im XBRL-Format an vielen internationalen Börsen außerhalb der EU bereits Pflicht sind.

… aber dennoch neu

Allerdings kommt mit iXBRL ein elektronisches Format zum Einsatz, das für die deutschen Unternehmen neu ist. Erstmalig werden die Berichte gleichzeitig im individuellen Unternehmenslayout sowie als maschinell zu verarbeitende Datensätze bereitgestellt. Dazu wird von der ESMA das iXBRL-Format vorgeschrieben. iXBRL steht für „Inline XBRL“ und bedeutet, dass elektronische Datensätze im XBRL-Format in das Layout format für Webseiten (XHTML) integriert werden können.

Wie sieht iXBRL aus?

Die Berichte im iXBRL-Format unterscheiden sich im Aussehen nicht von normalen Webseiten. Sie können mit gängigen Internetbrowsern dargestellt werden. Die Besonderheit der Berichte sind die enthaltenen Zusatzinformationen, die für den Betrachter unsichtbar und nur von iXBRL-fähiger Software extrahierbar beziehungsweise darstellbar sind. Die Zusatzinformationen können an die in einem Abschluss dargestellten Zahlen angehängt werden, aber auch an andere Inhalte, beispielsweise an Textinformationen im Anhang.

Was sind iXBRLTags?

Bei iXBRL spricht man von getaggten (etikettierten) Inhalten. Eine Zusatzinformation, kurz Tag, enthält technische Angaben, mit denen eine Software den etikettierten Inhalt interpretieren kann. Die oben stehende Abbildung zeigt einen Ausschnitt aus dem Abschluss der Siemens AG, der im Rahmen des Field Tests der ESMA getaggt wurde. Die gelb hinterlegten Zahlen wurden mit Tags versehen. In der rechteckigen Sprechblase werden exemplarisch einige im Tag enthaltene Informationen angezeigt. Jedes Tag enthält eine Positions-ID, mit der eine Berichtsposition zugeordnet wird. Aus der jeweiligen Berichtsposition werden weitergehende Angaben abgeleitet, etwa wie im Beispiel Positionsbezeichnungen in verschiedenen Sprachen. Die abgeleiteten Informationen beschreiben die Berichtspositionen technisch sehr präzise, so dass unter anderem rechnerische Zusammenhänge bei Summen positionen hergestellt werden können. Dies ist für die automatisierte Datenanalyse wichtig. Daneben können Tags den genauen (für Berechnungen zu verwendenden) Wert einer Position sowie Angaben zur Berichtsperiode, der Währung und eine Unternehmens-ID enthalten.

Standardpositionen versus individuelle Positionen

Beim Erstellen ihrer Konzernabschlüsse im ESEF müssen die Unternehmen künftig entscheiden, ob bei den getaggten Inhalten Standardpositionen aus der IFRS-Taxonomie verwendet werden können. Die Verwendung von Standardpositionen ermöglicht die einfache Vergleichbarkeit mit anderen Unternehmensberichten. Falls die Verwendung nicht möglich ist, müssen Unternehmen individuelle Positionen erstellen. Anhand individueller Positionen erkennt eine Analysesoftware, an welchen Stellen von der Standard Gliederung der IFRS-Taxonomie abgewichen wird. In diesem Fall könnte ein manueller Eingriff des Analysten erforderlich werden. Dies ist bei individuellen Positionen nicht zwingend der Fall, denn anhand von Rechenregeln für Summen positionen und des von der ESMA vorgegebenen Anchorings existiert die Chance, dass manuelle Eingriffe der Analysten vermieden werden. Unter Anchoring versteht man die typisierte Verknüpfung von individuellen Positionen mit der Standard Gliederung der IFRS-Taxonomie. Die Vermeidung manueller Eingriffe bei der Analyse ist insbesondere für die Wiederverwendung individueller Positionen in den Folgejahren zu erwarten. Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Datenanalyse mit der Einführung des Taggings schneller und präziser wird; dabei wird auf die Darstellung in einem Layoutformat nicht verzichtet.

Die ESEF-Spielregeln

Das iXBRL-Format ist elementarer Bestandteil vom ESEF. Neben dessen Verwendung existieren weitere Spielregeln.Alle von der ESMA für das ESEF festgelegten Regeln werden als „Regulatory Technical Standard“ (RTS) bezeichnet. Die Regeln sind sowohl fachlicher als auch technischer Natur und müssen damit gleichermaßen von berichtenden Unternehmen und Softwareanbietern eingehalten werden.

ESEF-Tagging: Was muss getaggt werden?

In den ersten beiden Jahren nach der Einführung müssen lediglich die sogenannten primary financial statements getaggt werden. Dabei handelt es sich um Bilanz, GuV, Kapitalflussrechnung und Eigenkapitalspiegel. Nach den Einführungsjahren wird der Umfang des Taggings ausgedehnt werden.

Wie werden Tags erstellt?

Für das Tagging ist eine spezielle Software nötig. Eine ESEF-konforme Software muss die folgenden Voraussetzungenerfüllen:

  • Unterstützung der IFRS-Taxonomie
  • Erstellung von individuellen Positionen
  • Erzeugung des iXBRL-Formats
  • Umsetzung der RTS

Dazu kommt voraussichtlich noch die elektronische Übermittlung des Berichts zur Offenlegung.

Ändert sich damit der Erstellungsprozess?

Kurzfristig ist für die meisten Unternehmen nicht zu erwarten, dass sich der Berichtserstellungsprozess durch das ESEF-Format ändern wird. Die Unternehmen können wie bisher ihre Berichte von Agenturen grafisch aufbereiten und ergänzend zum veröffentlichten PDF-Dokument ein inhaltsgleiches XHTML-Dokument erstellen lassen. Das XHTML-Dokument muss anschließend mithilfe einer ESEF Software etikettiert werden. Langfristig könnte sich der Erstellungsprozess durch zunehmende Automatisierung dahingehend verändern, dass ERP-Systeme, Konsolidierungssoftware oder Zusatzsoftware bereits getaggte Berichtsteile erzeugen, so dass ein nachträgliches Tagging ganz oder teilweise entfällt.

Wie können sich Unternehmen vorbereiten?

Alle betroffenen Unternehmen können sich bereits jetzt mit den ESEF-Anforderungen vertraut machen. Die ESMA hat die folgenden beiden Dokumente veröffentlicht: „Final Report on the RTS on the European Single Electronic Format“, „ESEF reporting manual”. Zusätzlich wurden unter der Adresse https://www.esma.europa.eu/field-test-esef die Erfahrungen aus dem Field Test veröffentlicht. Um die erforderliche Expertise sowie den Aufwand der Erstellung von Berichten im ESEF-Format abzuschätzen, ist als „praktische Trockenübung“ der Abgleich existierender Unternehmensberichte mit der IFRS-Taxonomie (https://www.ifrs.org/issued-standards/ifrs-taxonomy/) zu empfehlen. Eine spezialisierte Software ist dazu nicht erforderlich. Vielmehr kann die Auswahl einer geeigneten Software durch diese Art der Vorbereitung erleichtert werden.

Ausblick der ESEF-Berichterstattung

Die ESEF-Berichterstattung hat das Potenzial, in Zukunft die Arbeit der Analysten gravierend zu verändern und die IFRS-Abschlüsse einem breiteren Adressatenkreis als bisher zugänglich zu machen. iXBRL wird nicht nur in der EU, son-dern weltweit eingeführt. Dadurch ergeben sich Synergieeffekte für die Analysten. Unter anderem startet die US-amerikanische Wertpapier- und Börsenaufsicht SEC bereits im Juni 2019 mit der Einführung von iXBRL. Es ist zu erwarten, dass die Berichtspflichten nach der Erprobung des ESEF für Konzernjahresabschlüsse im IFRS-Format auch auf unterjährige Abschlüsse ausgedehnt werden. Bis dahin bleibt es spannend. Denn getaggte IFRS-Abschlüsse wecken für weitere Abnehmer Begehrlichkeiten, die sich bisher auf die Analyse von HGB-Abschlüssen beschränken mussten.