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BilRUG: Auswirkungen auf Kennzahlen und Bilanzanalyse

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Durch das für Geschäftsjahre nach dem 31.12.2015 verpflichtend anzuwendende BilanzrichtlinieUmsetzungsgesetz (BilRUG) ergeben sich umfassende Anpassungen für die Ergebnisdarstellung im handelsrechtlichen Einzel- sowie Konzernabschluss. Dies bedeutet nicht nur eine Änderung der Finanzberichterstattung der Unternehmen, sondern folgerichtig auch die Anpassung diverser Kennzahlen (z.B. EBIT, Working Capital). Dies erschwert für externe Adressaten die Vergleichbarkeit der Daten der Rechnungslegung. Sowohl Banken als auch Unternehmen, die die Bonität der Unternehmen beurteilen, müssen sich daher mit den Abweichungen auseinandersetzen. Zugleich muss jeder Adressat des Jahresabschlusses die Auswirkungen des BilRUG identifizieren und analysieren, um die richtigen Schlüsse aus den Daten ziehen zu können.  

Auswirkungen des BilRUG auf die externe Rechnungslegung

Eine der bedeutendsten Änderungen des BilRUG ist die Neudefinition des Begriffs der Umsatzerlöse in § 277 Abs. 1 HGB. In die handelsrechtlichen Umsatzerlöse sind nun auch Erzeugnisse, Waren und Dienstleistungen einzubeziehen, die nicht für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit typisch sind. Künftig stellen damit auch der Verkauf von Produkten und die Erbringung von Dienstleistungen außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit Umsatzerlöse dar und nicht wie bisher sonstige betriebliche Erträge. Zudem wird auch die Gliederung der handelsrechtlichen GuV nach § 275 HGB – sowohl für Gesamtkostenverfahren (GKV) als auch das Umsatzkostenverfahren (UKV) – angepasst. Neben dem Wegfall der GuV-Zwischensumme „Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“ entfällt auch der Ausweis der außerordentlichen Ergebnisbeiträge, der durch eine erweiterte Berichtspflicht zu außergewöhnlichen Erträgen und Aufwendungen im Anhang ersetzt wird.

Der Wegfall außerordentlicher Posten in der GuV führt zu einer Wanderbewegung von Aufwendungen und Erträgen, die nach BilRUG jetzt unter den „normalen“ Aufwandsund Ertragsposten in der GuV auszuweisen sind. 1 Im Einzelfall kann es sogar zu einem Ausweis bestimmter Sachverhalte unter den Umsatzerlösen kommen (z.B. Erlöse aus dem Verkauf von Waren/Erzeugnissen bei Räumungs- oder  Schließungsverkäufen). Die früheren außerordentlichen Sachverhalte sind nun nach § 285 Nr. 31 HGB unter den außergewöhnlichen Erträgen und Aufwendungen im Anhang zu erläutern.2 Zudem wurde das sog. „Ergebnis nach Steuern“ neu in die GuV eingefügt. Der Jahresüberschuss wird durch das BilRUG nicht verändert, die Darstellung der Vermögens- und Ertragslage der Unternehmen jedoch schon.

Von branchenbedingten oder im Einzelfall notwendigen Kürzungen der Umsatzerlöse um mit diesen verbundenen Steuern abgesehen, führt die Neufassung des § 277 Abs.1 HGB zu einer Ausweitung der Umsatzerlöse gegenüber der bisherigen Rechtslage. Durch die mit der Neudefinition einhergehende Ausweitung der handelsrechtlichen Umsatzerlöse wird im Ergebnis eine Vielzahl von Erlösen umgegliedert. Bislang typische sonstige betriebliche Erträge, wie z.B. Kantinenerlöse oder Erlöse aus der Untervermietung, werden nach BilRUG als Umsatzerlöse ausgewiesen.

Praxishinweis: Die Änderungen des BilRUG führen tendenziell zu einer Ausweitung der Umsatzerlöse. Es werden Wanderbewegungen innerhalb der handelsrechtlichen GuV ausgelöst, die  betriebswirtschaftliche Kennzahlen beeinflussen.

Neben der geänderten Abgrenzung zwischen Umsatzerlösen und sonstigen betrieblichen Erträgen sind durch das BilRUG die Erlösschmälerungen, die Umsatzsteuer sowie direkt mit dem Umsatz verbundene Steuern von den Umsatzerlösen abzuziehen. Dabei ist zu beachten, dass lediglich solche Verbrauchsteuern abzugsfähig oder -pflichtig sind, die mit dem Zeitpunkt der Umsatzrealisierung zusammenfallen, wie beispielsweise Tabak-, Energie- oder auch Stromsteuer. Je nach Unternehmen und Branche kann es also zu deutlichen Ausweitungen oder aber im Einzelfall auch Kürzungen der Umsatzerlöse kommen. Unternehmen, die von der Neudefinition der Umsatzerlöse gänzlich unberührt bleiben, sind nur in Ausnahmefällen denkbar.

Praxishinweis: Nach BilRUG werden die Umsatzerlöse der Unternehmen im Einzelfall deutlich von den bisherigen Umsatzerlösen abweichen. Dies bedeutet, dass sich zahlreiche Kennzahlen ändern.

Auswirkungen auf Kennzahlen und Kennzahlenanalyse

Durch das BilRUG und die damit einhergehenden Wanderbewegungen in der handelsrechtlichen GuV können sich zahlreiche Relationen bzw. Kennzahlen verändern.3 Bei noch nicht aufwandswirksam verteilten Unterschiedsbeträgen aus der Neubewertung der Pensionen im Zusammenhang mit dem BilMoG nach Art. 67 Abs. 1 EGHGB regelt Art. 75 Abs. 5 EGHGB nun den Ausweis solcher Beträge unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen. Hiervon werden Kennzahlen, wie z.B. das EBIT, aber auch das EBITDA, welche bislang vor außerordentlichen Effekten angegeben wurden, beeinflusst.

Praxishinweis: Die weiterhin zu berücksichtigenden Unterschiedsbeträge aus Art. 67 Abs. 1 und 2 EGHGB (BilMoG-Anpassungsbeträge) sind nun innerhalb der sonstigen betrieblichen Aufwendungen bzw. sonstigen betrieblichen Erträge auszuweisen und verändern Kennzahlen wie das EBIT

Zudem führt eine Steigerung der Umsatzerlöse bei einem gleichbleibenden Ergebnis c.p. zu einer sinkenden Umsatzrendite. Nachdem sich die Umsatzerlöse durch das BilRUG in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle erhöhen werden, kommt es in der Praxis zu einem „künstlichen“ Absinken der Umsatzrendite dieser Unternehmen. In Einzelfällen – wenn die Kürzung der Verbrauchsteuern die Umgliederungseffekte in die Umsatzerlöse übersteigt – kann sich auch eine umgekehrte Betrachtung ergeben.

BilRUG und Umsatzerlöse

Durch die Neudefinition der Umsatzerlöse kann sich auch eine Ausweitung der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen zulasten der Sonstigen Vermögensgegenstände ergeben. Die bislang unter den Sonstigen Vermögensgegenständen ausgewiesenen Forderungen aus Nebenleistungen sind nach dem BilRUG regelmäßig als Forderungen aus  Umsatzerlösen unter den Forderungen aus Lieferungen und Leistungen auszuweisen. Aus dieser geänderten Bestimmung der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen kann sich im Ergebnis auch – je nach zugrundeliegender Definition – eine Auswirkung auf das Working Capital Eine weitere durch das BilRUG betroffene Kennzahl ist der sog. „Forderungsumschlag“ (Umsatzerlöse/Forderungen). Ob dieser nach dem BilRUG zu- oder abnimmt, hängt von der Veränderung der Umsatzerlöse im Vergleich zu den Forderungen aus LuL ab. Regelmäßig werden die Umsatzerlöse jedoch in der Praxis stärker ansteigen und damit auch der Forderungsumschlag zunehmen. Zudem ergeben sich nach dem BilRUG und in Verbindung mit der geänderten Umsatzerlösdefinition auch Änderungen in Bezug auf den Kapitalumschlag (Umsatzerlöse/Kapital). Diese Kennzahl wird in der Praxis durch das BilRUG regelmäßig ansteigen.

Eine der wichtigsten Kennzahlen, die sich durch das BilRUG regelmäßig ändern wird, ist das sog. Rohergebnis. Nach § 276 HGB ist es kleinen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften gestattet, ihre handelsrechtliche GuV mit diesem zu beginnen, um die jeweilige Erfolgsstruktur einer Analyse Dritter entziehen zu können. Für externe Abschlussadressaten sowie für Zwecke der externen Bonitätsbeurteilung kommt dem Rohergebnis damit eine große Bedeutung zu. Die Auswirkungen auf das Rohergebnis können in der Praxis unterschiedlich sein. Das Rohergebnis steigt durch das BilRUG immer dann, wenn bisher als außerordentlich erfasste Erträge nunmehr unter den Umsatzerlösen oder den sonstigen betrieblichen Erträgen ausgewiesen werden. Aufgrund der Tatsache, dass das Rohergebnis nicht nur durch die Umsatzerlöse und die sonstigen betrieblichen Erträge beeinflusst wird, sondern auch – sowohl im GKV als auch im UKV – von Aufwandsposten, wird deutlich, dass das Rohergebnis durch die Neuregelungen des BilRUG bei Ansteigen dieser Aufwandspositionen auch gemindert werden kann. Die mit der Ausweitung der Umsatzerlöse verbundene Erweiterung der Materialaufwendungen (GKV) bzw. der Herstellungskosten für die zur Umsatzerzielung erbrachten Leistungen (UKV) führt dazu, dass das Rohergebnis durch das BilRUG sinkt.

Konsequenzen für Verträge und gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen

In Zusammenhang mit den Auswirkungen des BilRUG auf verschiedene Kennzahlen sind zudem auch Verträge (z.B. Vergütungsvereinbarungen oder Financial Covenants) und interne Steuerungsvorgaben (z.B. Umsatzrendite oder EBIT-Marge) zu überprüfen. Generell kann davon ausgegangen werden, dass in allen Fällen, in denen Bezug auf die Umsatzerlöse genommen wird, die Notwendigkeit einer Klarstellung vertraglicher Grundlagen besteht, sowie gegebenenfalls die Überleitung einzelner Daten zu überprüfen ist. Kreditverträge sehen beispielsweise zunehmend sogenannte Financial Covenants vor, die vom Kreditnehmer erfüllt werden müssen, um einer Verschlechterung der Kreditkonditionen vorzubeugen. Um vertraglich vereinbarte Kennzahlen (wie z.B. Mindesteigenkapitalquote, EBIT oder Umsatzrendite) einzuhalten, muss der Bilanzierende die Auswirkungen externer Einflussfaktoren ebenso im Blick haben wie Effekte, die sich allein aus der Rechnungslegung und damit dem Referenzgerüst der Financial Covenants ergeben. Gleiches gilt auch für Verträge, die direkt auf die Umsatzerlöse Bezug nehmen, wie bspw. umsatzabhängige Vergütungen.

Praxishinweis: Verträge, die Bezug nehmen auf Kennzahlen der GuV oder der Bilanz, müssen ggf. angepasst werden, um ungewollte Folgewirkungen zu vermeiden.

Die Änderungen durch das BilRUG sind gleichfalls relevant für Unternehmenskaufverträge und gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen, bei denen bestimmte (Leistungs-)Pflichten an das Eintreten künftiger Voraussetzungen geknüpft sind. Im Zusammenhang mit Unternehmenstransaktionen können diese als Kaufpreis- oder Kapitalgarantien, Earn Outs oder Ähnliches dargestellt sein. Zentrum solcher Vereinbarungen sind vielfach Kenngrößen aus der externen Rechnungslegung. Regelmäßig weisen GuV-basierte Kennzahlen wie EBIT oder EBITDA eine hohe Bedeutung auf, weswegen die Auswirkungen des BilRUG auf diese Kennzahlen genau analysiert werden sollten. Gleiches gilt für gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen, z.B. zur Ermittlung von Ausscheiden- oder Abfindungsguthaben. Wird in diesem Zusammenhang beispielsweise auf bestimmte Ergebnisgrößen der GuV über mehrere Jahre hinweg Bezug genommen, kann eine EBIT-basierte Ermittlung zu einer Erhöhung oder Verringerung solcher Beträge führen.

Fazit: Auswirkungen von BilRUG auf Finanzberichterstattung

Das BilRUG hat nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die externe Rechnungslegung im engeren Sinne, sondern führt zur Anpassung diverser Kennzahlen und betrifft die Finanzberichterstattung der Unternehmen. Von den Änderungen des BilRUG sind hierbei eine Reihe von Kennzahlen sowohl in Bilanz als auch GuV betroffen. In diesem Zusammenhang sind auch Verträge der Unternehmen zu überwachen und zu hinterfragen. Relevante Verträge (z.B. Vergütungsvereinbarungen oder Financial Covenants) sind hinsichtlich bestimmter vereinbarter Kennzahlen (z.B. EBIT) ebenso anzupassen wie interne Steuerungsvorgaben hinsichtlich verwendeter Renditekennzahlen. Die Unternehmen müssen zeitnah klarstellende Vereinbarungen mit den Vertragspartnern schließen, um – bspw. mit Blick auf durch das BilRUG ansteigende Umsatzerlöse – vermeiden zu können, dass eine rein bilanzrechtlich abweichende Abgrenzung im Vergleich zur bisherigen Rechtslage dazu führt, dass höhere Aufwendungen beim Bilanzierenden anfallen. Andererseits darf z.B. eine rein durch veränderte Rechnungslegungsvorschriften bedingte Belastung des EBIT durch den Wegfall des außerordentlichen Ergebnisses nicht dazu führen, dass vereinbarte Vergütungsbestandteile nicht mehr oder nur in geringerem Umfang gezahlt werden. Für die externe Bilanzanalyse besteht die Herausforderung, die durch das BilRUG veränderten Kennzahlen richtig zu deuten. Hierbei muss ganz genau zwischen den Effekten auf Kennzahlen, die sich aus dem operativen Geschäft bzw. dessen Entwicklung ergeben, und den Effekten, die allein BilRUG-bedingt sind, unterschieden werden. Denn ansonsten steigt das Risiko von Fehlinterpretationen.

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1 Vgl. zu der durch das BilRUG ausgelösten „Wanderbewegung“ innerhalb der GuV bereits Zwirner/Boecker, BC 2016, S. 160.
2 Vgl. zu einer Diskussion der Begriffe „außerordentlich“ und „außergewöhnlich“ Zwirner, in: Zwirner (Hrsg.), BilRUG, S. 464 f. sowie Zwirner/Boecker, BC 2016, S. 162
3 Vgl. hierzu ausführlich Zwirner, BC 2016, S. 376 ff.

Der Autor

WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner ist Geschäftsführer der Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München, und Honorarprofessor der Universität Ulm. Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Grundsatzfragen der nationalen und internationalen Rechnungslegung sowie mit Fragen der Unternehmensbewertung. Zwirner vertritt Kleeberg in verschiedenen Gremien. Hierdurch pflegt die Kanzlei den Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis.