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Empfehlungen für die Abgrenzung des Konsolidierungskreises

insightsoftware -
22 Juni 2021

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Mit dem Beschluss der Innenminister und -senatoren der Länder zur Einführung der kommunalen Doppik sollte das kommunale Haushalts- und Rechnungswesen von der bislang zahlungsorientierten Darstellungsform auf eine ressourcenorientierte Darstellung umgestellt und die Steuerung der Kommunalverwaltungen statt durch die herkömmliche Bereitstellung von Ausgabeermächtigungen (Inputsteuerung) durch die Vorgabe von Zielen für die kommunalen Dienstleistungen (Outputsteuerung) ermöglicht werden.

Teil dieser Reformvorschläge ist u.a. die Zusammenfassung des Jahresabschlusses der kommunalen Körperschaft mit den Jahresabschlüssen der ausgegliederten, von der Kommune beherrschten, rechtlich unselbstständigen und selbstständigen Einheiten und Gesellschaften zu einem Gesamtabschluss als Rechnungslegung über alle Aktivitäten der Kommune. Im Zusammenhang mit der Abgrenzung des Konsolidierungskreises treten häufig Probleme auf.

Im Folgenden werden die typischen Herausforderungen dargestellt und Lösungsvorschläge zur sachgerechten Abgrenzung erörtert.

Typische Probleme bei der Abgrenzung

  • Die Abgrenzung erfolgt auf Basis des Beteiligungsverhältnisses ohne Beachtung abweichender Stimmrechtsverhältnisse.
  • Es werden keine sachgerechten Bezugsgrößen zur Bestimmung der Unter- oder Überschreitung von Wesentlichkeitsgrenzen verwendet.
  • Qualitative Abgrenzungskriterien werden nicht berücksichtigt.
  • Bei der Abgrenzung des Assoziierungskreises wird dem Umstand nicht Rechnung getragen, dass nicht die Posten des Jahresabschlusses dieser Aufgabenbereiche in den Gesamtabschluss übernommen werden, sondern der im Jahresabschluss der jeweiligen „Mutter“ enthaltene Buchwert der Beteiligung in der Gesamtbilanz fortgeschrieben und die von dem Aufgabenbereich erwirtschafteten Ergebnisse in der Gesamtergebnisrechnung gesondert ausgewiesen werden.

Vorgehensweise bei der Abgrenzung des Vollkonsolidierungskreises

Die Abgrenzung des Vollkonsolidierungskreises vollzieht sich zunächst nach der additiven Methode. Demnach wird zunächst durchgängig für alle Stufen des Konzerns geprüft, bei welchen verselbstständigten Aufgabenträgern Beteiligungsverhältnisse > 50% vorliegen. Damit wird zunächst ein vorläufiger Vollkonsolidierungskreis festgelegt.

In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob eine Beherrschungsmöglichkeit im Sinne des § 290 HGB vorliegt und damit mindestens eines der in § 290 Abs. 2 HGB genannten Kriterien erfüllt ist:

  • Mehrheit der Stimmrechte
  • Mehrheit der Organbestellungsrechte
  • Beherrschungsmöglichkeit aufgrund eines mit dem verselbstständigten Aufgabenträger abgeschlossenen Beherrschungsvertrags (Nicht: Gewinnabführungsvertrag! – ein isolierter Gewinnabführungsvertrag beinhaltet keine Beherrschungsmöglichkeit) oder einer Satzungsbestimmung
  • Vorliegen einer Zweckgesellschaft

Liegt eines dieser Kriterien vor, ist damit die grundsätzliche Einbeziehungspflicht des Aufgabenträgers in den Gesamtabschluss begründet. Zu prüfen bleibt, ob der Aufgabenträger u.U. aufgrund untergeordneter Bedeutung für die Vermittlung einer zutreffenden Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragsgesamtlage nicht in den Konsolidierungskreis einbezogen werden muss.

Vorgehensweise bei der Abgrenzung des Assoziierungskreises

Assoziierte Aufgabenträger sind gemäß § 311 Abs. 1 HGB verselbstständigte Aufgabenträger, auf die die Kommune oder ein in den Gesamtabschluss im Rahmen der Vollkonsolidierung einbezogener Aufgabenträger, einen maßgeblichen Einfluss ausüben. Sie sind unter einer gesonderten Position in der Gesamtbilanz auszuweisen, und ihr Buchwert ist entsprechend ihrer Eigenkapitalentwicklung fortzuschreiben.

§ 311 Abs. 1 S. 2 HGB stellt eine widerlegbare Vermutung für das Vorliegen maßgeblichen Einflusses bei Vorliegen von Stimmrechtsanteilen von 20% bis 50% als Einbeziehungskriterium auf. Ob tatsächlich maßgeblicher Einfluss ausgeübt wird, misst sich an den Kriterien des DRS 8.3 (Deutscher Rechnungslegungs-Standard 8.3). Hieraus folgt, dass in einem ersten Schritt zunächst die Beteiligungsverhältnisse von 20% bis 50% zu ermitteln sind. Als Ergebnis ist zunächst ein vorläufiger Assoziierungskreis festzulegen. In einem zweiten Schritt sind anschließend zu prüfen:

  • Stimmrechtsverhältnisse
  • Vorliegen eines oder mehrerer Kriterien für maßgebliche Einflussnahme gemäß DRS 8.3 und deren tatsächliche Ausübung
  • Vorliegen eventuellen maßgeblichen Einflusses bei Stimmrechtsanteilen unter 20% (z.B. Oberbürgermeister der Mutterkommune ist stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender einer
  • Gesellschaft, an der die Kommune lediglich mit 17,5% beteiligt ist)

Als Ergebnis dieser Prüfung ergibt sich die grundsätzliche Festlegung des Assoziierungskreises. In einem weiteren Schritt ist anschließend zu prüfen, ob die assoziierten Aufgabenträger für die zutreffende Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von untergeordneter Bedeutung sind.

Berücksichtigung von Wesentlichkeitsaspekten

Der allgemeine Grundsatz der Wesentlichkeit und Wirtschaftlichkeit besagt, dass Unwesentliches nicht das den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage beeinträchtigt und deshalb vernachlässigt werden darf. Außerdem soll zwischen den Kosten der Bereitstellung von Informationen und ihrem Nutzen ein angemessenes Verhältnis bestehen.

Neben dem allgemeinen Grundsatz der Wesentlichkeit und Wirtschaftlichkeit, der aufgrund der ausschließlichen Informationsfunktion des Gesamtabschlusses eine hohe Bedeutung für die Gesamtrechnungslegung hat, regeln kommunales Haushaltsrecht und das HGB die Wesentlichkeit im Zusammenhang mit dem Gesamtabschluss an unterschiedlichen Stellen.

Die Landesgesetzgeber haben für die Festsetzung der Wesentlichkeitsgrenzen weder Bezugsgrößen noch Grenzwerte vorgegeben. Des Weiteren fehlt es an einer Festlegung sonstiger Einbeziehungskriterien (z.B. qualitative Kriterien). Das bedeutet:

  • Dem Bilanzierenden verbleibt ein Ermessensspielraum (Regelfall: 3 – 5% der jeweiligen Bezugsgröße).
  • Bezugsgrößen und Grenzwerte müssen aus allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen abgeleitet werden.
  • Grenze: Unzutreffende Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage.

Bestimmung der Wesentlichkeit beim Vollkonsolidierungskreis

Als Bezugsgrößen zur Bestimmung der Wesentlichkeit bei Vollkonsolidierung kommen in Betracht:

Vermögenslage

  • Sachanlagen
  • Finanzanlagen
  • Bilanzsumme

Finanzlage

  • Liquide Mittel
  • Nettoumlaufvermögen
  • Eigenkapital
  • Schulden (Rückstellungen und Verbindlichkeiten)

Ertragslage

  • Summe aller Erträge
  • Summe aller Aufwendungen

Es ist jeweils die Relation des Wertes des einzelnen wie auch aller verselbstständigten Aufgabenträger, die als unwesentlich erachtet werden, zur Summenbilanz-/ergebnisrechnung zu betrachten. Die Unwesentlichkeit muss für alle Lagen gelten.

Zusätzlich sind qualitative Kriterien zu berücksichtigen, auch dann, wenn der Aufgabenträger nach quantitativen Kriterien als unwesentlich einzustufen ist. Hierzu zählen:

  • Wesentliche Belastung des Gesamtergebnisses mit strukturellen nachhaltigen Verlusten durch den Aufgabenträger.
  • Durch die Nichteinbeziehung des verselbstständigten Aufgabenträgers werden wesentliche Risiken oder Verpflichtungen nicht erfasst.
  • Durch die Nichteinbeziehung des verselbstständigten Aufgabenträgers kommt es zu wesentlichen Verzerrungen von Einzelposten im Gesamtabschluss (z.B. Grundvermögen). Bestimmung der Wesentlichkeit.

Bestimmung der Wesentlichkeit beim Assoziierungskreis

Als Bezugsgrößen zur Bestimmung der Wesentlichkeit bei Anwendung der Equity-Methode können in Betracht kommen:

Vermögenslage

  • Buchwert der Beteiligung (bezogen auf die Position „Assoziierte Aufgabenträger“)
  • Differenz zwischen dem Buchwert und dem anteiligen Eigenkapital des verselbstständigten Aufgabenträgers

Ertragslage

  • Ergebnisbeitrag des verselbstständigten
  • Aufgabenträgers zum Gesamtergebnis

Finanzlage

  • Eine weitergehende Prüfung der Auswirkungen auf die Finanzlage ist nicht erforderlich, da die Beeinflussung unabhängig davon ist, ob der Aufgabenträger als Beteiligung oder als ssoziierter Aufgabenträger ausgewiesen wird.

Abschließende Wertung

Die Ausführungen zeigen, dass eine Reihe von Gesichtspunkten bei der Abgrenzung des Konsolidierungskreises zu berücksichtigen ist. Die Kommunen sind demnach gut beraten, alle Abgrenzungskriterien sorgfältig zu analysieren und eine aus jeweiliger kommunaler Sicht optimale Abgrenzung des örtlichen Konsolidierungskreises zu treffen.

Der Autor

Wolfgang Herbrand ist Dipl.-Oec. und als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater mit Sitz in Essen tätig. Zu den Tätigkeitsschwerpunkten zählen Beratung und Unterstützung von Kommunen und Rechnungsprüfungsämtern, insbesondere bei der Umstellung auf Doppik sowie bei der Aufstellung von Eröffnungsbilanzen wie auch bei der Aufstellung von Jahres- und Gesamtabschlüssen. Darüber hinaus erstellt Wolfgang Herbrand Konzepte zur Anwendung der neuen Steuerungsgrößen bei der Haushaltsund Budgetplanung und berät in Sachen kommunale Investitions- und Finanzplanung sowie kommunales Schuldenmanagement. Wolfgang Herbrand war darüber hinaus als externer Berater für das NRW-Modellprojekt NKF-Gesamtabschluss tätig. Des Weiteren ist er Dozent bei mehreren Studieninstituten für kommunale Verwaltung.