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Übergangskonsolidierung: Zweifelsfälle und deren Lösung

insightsoftware -
22 Juni 2021

insightsoftware ist ein globaler Anbieter von Reporting-, Analyse- und Performance-Management-Lösungen, mit denen Unternehmen Daten intelligent nutzen und die Prozesse von Finance und Data Teams revolutionieren können.

Was ist die Übergangskonsolidierung?

Unter den Begriff Übergangskonsolidierung werden zunächst sämtliche (Konsolidierungs-) Maßnahmen subsumiert, die notwendig werden, wenn sich aus Konzernsicht infolge veränderter Möglichkeiten der Einflussnahme eine Statusänderung eines einfachen Beteiligungs-, assoziierten, Gemeinschafts- oder Tochterunternehmens (TU) ergibt, die eine entsprechend angepasste Abbildungsform im Konzernabschluss bedingt. 

Davon zu unterscheiden sind statuswahrende Anteilsveränderungen, also beispielsweise die Aufstockung einer bereits bestehenden Mehrheitsbeteiligung. Im Folgenden wird neben der Behandlung einer solchen Aufstockung vor allem auf die statuswechselnden Übergänge zwischen der Vollkonsolidierung eines Beteiligungsunternehmens und seiner Darstellung als assoziiertes Unternehmen im Konzernabschluss eingegangen.

Auf- und Abstockung einer Mehrheitsbeteiligung

Verfügt ein Konzernmutterunternehmen (MU) bereits über eine Beherrschungsstellung an einem TU, so führt ein weiterer Erwerb von Anteilen bzw. Stimmrechten nicht zu einer Statusveränderung. Es handelt sich dementsprechend nicht um einen Unternehmenserwerb, vielmehr wird die Beherrschung über das Unternehmen weiter ausgebaut. Allerdings erfolgt mit dem Erwerb weiterer Anteile regelmäßig eine Vergütung der bei dem TU seit der ursprünglichen Beherrschungserlangung neu entstandenen stillen Reserven und Lasten.

Darüber hinaus wird in vielen Fällen auch noch ein zusätzlicher Betrag an die Veräußerer gezahlt, der als Geschäfts oder Firmenwert interpretiert werden kann. Hinsichtlich der bilanziellen Abbildung der Aufstockung stellt sich die Frage, ob diese als Erwerbsvorgang mit anteiliger Neubewertung oder als Transaktion zwischen Anteilseignern darzustellen ist. Bei der Beantwortung dieser Frage ist zwischen einer Bilanzierung nach HGB und einer solchen nach IFRS zu unterscheiden:

  • § 301 HGB gibt explizit keine konkrete Methodik vor. Allerdings verlangt DRS 4 eine Aufstockung der stillen Reserven, also eine anteilige Neubewertung (DRS 4.26). Dies entspricht auch der deutschen steuerrechtlichen Vorgehensweise. Ob aufgrund der unbestimmten Gesetzesnorm auch eine Verrechnung mit den Rücklagen zulässig ist, wird in der Literatur kontrovers diskutiert.
  • IFRS 10.23 verlangt demgegenüber explizit die Darstellung als reine Eigenkapitaltransaktion, also eine Verrechnung mit den Rücklagen des Konzerns. Korrespondierend zu der Vorgehensweise bei der Aufstockung erfolgt die Darstellung bei der Reduzierung einer Mehrheitsbeteiligung ohne Verlust der Beherrschungsmöglichkeit: Eine solche Reduzierung führt entweder zum Ausweis eines Veräußerungsergebnisses (DRS 4) oder zu einer erfolgsneutralen Verrechnung des Unterschiedsbetrags zwischen Veräußerungserlös der Anteile und dem anteiligen Abgangswert des TU aus Konzernsicht mit den Rücklagen (Darstellung als reine Eigenkapital-Transaktion).

Statuswechselnde Abstockung einer Mehrheitsbeteiligung

Beim statuswechselnden Übergang von der Vollkonsolidierung zur Equity-Bilanzierung ist die Veräußerung der abgehenden Anteile am TU aus Konzernsicht – entsprechend der der Entkonsolidierung zugrunde liegenden Einzel-Abgangsfiktion – als Abgang der anteiligen einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden des TU, bewertet mit den Konzern-Buchwerten zum Abgangszeitpunkt, abzubilden. Die Entkonsolidierung ist also erfolgswirksam darzustellen (DRS 4.47). Infolge der Veräußerung der Anteile am TU ändert sich der Status des Unternehmens (bisher: TU, jetzt: assoziiertes Unternehmen) und mithin die Abbildungstechnik des Unternehmens im Konzernabschluss (bisher: Vollkonsolidierung ggf. mit Minderheitenausweis, jetzt: Bewertung der Beteiligung aus dem Einzelabschluss des MU nach der Equity-Methode).

Mithin sind die bisher auf Minderheiten entfallenden anteiligen Vermögensgegenstände und Schulden des TU zum Abgangszeitpunkt erfolgsneutral auszubuchen (DRS 4.46). Bei der Darstellung der eigentlichen Übergangskonsolidierung (also der Darstellung der nicht veräußerten Anteile an dem Beteiligungsunternehmen) ist wiederum zu unterscheiden: Während handelsrechtlich nach DRS 4.49-51 die (Zugangs-) Bewertung der verbleibenden Anteile zu den Konzern-Buchwerten zum Übergangszeitpunkt erfolgt und mithin kein Übergangserfolg entsteht, fordert IFRS 10.25(b) i.V.m. IFRS 10.B98(b) (iii) die Bewertung dieser Anteile mit ihrem beizulegenden Zeitwert im Übergangszeitpunkt, so dass es insoweit zu einer erfolgswirksamen Übergangskonsolidierung kommt.

Statuswechselnde Aufstockung einer bisher at Equity bilanzierten Beteiligung

Zum Zeitpunkt der Erlangung der Beherrschungsmöglichkeit über ein bisher at Equity bilanziertes Beteiligungsunternehmen ist das Reinvermögen des TU vollständig neu zu bewerten. Dies gilt handelsrechtlich nach § 301 Abs. 1 S. 2 u. 3 HGB (DRS 4.8 ff. i.V.m. DRS 8.33) ebenso wie nach IFRS 3.15. Nach deutschem Handelsrecht ist der Übergang erfolgsneutral darzustellen: Ein sich aus der Gegenüberstellung von neu bewertetem Reinvermögen und der Summe aus dem biszum Zeitpunkt der Kontrollerlangung fortgeführten Equity-Wert zuzüglich den Anschaffungskosten für die beherrschungsrelevante Tranche ergebender Unterschiedsbetrag ist entweder als Geschäfts- oder Firmenwert zu aktivieren oder als passivischer Unterschiedsbetrag auszuweisen.

Letzteres wird vor allem dann zum Tragen kommen, wenn seit Erwerb der ersten Tranche bis zum Zeitpunkt der erstmaligen Beherrschung stille Reserven angesammelt wurden. Demgegenüber betrachten die IFRS den Statuswechsel konzeptionell als erfolgswirksame Beendigung der at Equity-Bilanzierung mit anschließender Erstkonsolidierung. Folglich fließt der bisherige Equity-Wert nicht in die Übergangskonsolidierung ein, sondern es erfolgt eine Beendigung der Equity-Bilanzierung mit anschließender Bestimmung des Unterschiedsbetrags aus der Erstkonsolidierung. Dabei ist dem neu bewerteten Reinvermögen die Summe aus dem beizulegenden Zeitwert der bisher gehaltenen Anteile zuzüglich der übertragenen Gegenleistung gegenüber zu stellen. Die aus der Zeitbewertung der gehaltenen Anteile resultierenden Gewinne oder Verluste sind dabei erfolgswirksam zu erfassen (IAS 3.42). Ein sich aus der Gegenüberstellung ergebender aktivischer Unterschiedsbetrag ist als Geschäfts- oder Firmenwert zu aktivieren, ein passivischer Unterschiedsbetrag ist hingegen unmittelbar erfolgswirksam zu vereinnahmen.

Fazit zur Übergangskonsolidierung

Am Beispiel der Übergangskonsolidierung lässt sich zeigen, dass ansonsten identische Transaktionen nach HGB und IFRS unterschiedlich bilanziell zu erfassen sind, wobei sich teils signifikant unterschiedliche Ergebnis- und Eigenkapitaleffekte ergeben. Konzeptionell bestehen Unterschiede vor allem in drei wesentlichen Bereichen:

  • HGB Tranchenweise Betrachtung vs. IFRS Statusorientierte Betrachtung
  • HGB Anschaffungskosten vs. IFRS Hingegebene Gegenleistung
  • HGB Kapitalkonsolidierung vs. IFRS Unternehmenserwerb

Deshalb darf eine Übergangskonsolidierung nach HGB nicht unreflektiert die Regelungen der IFRS übernehmen, sondern ist anhand der handelsrechtlichen Regelungen (HGB/DRS) eigenständig durchzuführen.

Der Autor

Dr. Thomas Senger ist Mitglied des Vorstands und Leiter des Geschäftsbereichs „Wirtschaftsprüfung kapitalmarktorientierte Unternehmen“ der Warth & Klein Grant Thornton AG und verfügt über mehr als 25 Jahre Berufserfahrung in der Internationalen Rechnungslegung. Er ist Mitglied der IFRS Interpretation Group (Grant Thornton International) und langjähriger Dozent für IFRS Fortbildungen bei der IDW Akademie und Mitautor des Münchener Kommentars und Beck´sches IFRS Handbuchs.